Netzwerktreffen in Bad Tabarz

3. Netzwerktreffen jUNITE in Bad Tabarz



Im idyllischen Thüringer Wald trafen sich vom 11. - 13.Oktober 2024 infektiologisch Interessierte aus den Bereichen der Human- und Tiermedizin, Laboratoriumsmedizin, Biologie, Pharmakologie und anderen verwandten Gebieten. Ermöglicht wurde das Treffen durch die großzügige Vollfinanzierung über die Joachim-Herz-Stiftung, der unser ausdrücklicher Dank gebührt.


Ganz nach dem Motto:

"Nachhaltigkeit in der

Infektionsmedizin"



jUNITE ist das 2020 gegründete Netzwerk für Infektionsmedizin, welches infektionsmedizinisch engagierten Fachgruppen eine Plattform bietet, sich interprofessionell auszutauschen und in gemeinsamen Projekten zusammen zu finden. Neben der digitalen Vernetzung in Form von Newslettern, Fortbildungsveranstaltungen und regelmäßigen Videokonferenzen, fand nun schon unser 3. Netzwerktreffen statt. 


Unter dem Motto „Nachhaltigkeit in der Infektionsmedizin“ starteten wir nach Begrüßung durch das Organisationsteam direkt ins Programm. In einer spannenden Keynote über Vektormodellierung leitete Prof. Sven Klimpel von der Goethe-Universität Frankfurt am Main das 3. Netzwerktreffen ein. Wo verändert der Klimawandel Lebensräume in potentielle Habitate für Vektoren infektiöser Krankheiten und welche Bedeutung hat das jetzt und in Zukunft für uns Menschen und das Zusammenleben zwischen Mensch und Tier im Zeitalter der Überbevölkerung und des Lebensraumrückgangs? Werden wir bald mit Hilfe von Modellierungsmodellen zukünftige Krankheitsrisiken in der Reisemedizin nutzen können? Es wurde rege diskutiert…


Zu Auflockerung und Anregung des Miteinanders hatte das Organisationsteam tagesübergreifend praktische und kompetitive Aufgaben vorbereitet. Kleingruppen gingen bereits am ersten Tag des Netzwerktreffens in den Wettbewerb der Wasseraufbereitung, da sauberes Wasser zu den Nachhaltigkeitszielen zählt. Verunreinigte Wasserproben konnten mit verschiedenen Methoden behandelt werden. In einem zweiten Schritt erfolgte die Erfolgskontrolle: das mit verschiedenen Methoden aufbereitete Wasser wurde auf Agarplatten ausgebracht, inkubiert und nach 24 Stunden abgelesen. Die Herstellung bakterienfreien Wassers versprach Wettbewerbspunkte.

Auf dem Tagesplan...


Eines der Highlights: der Abend klang nach dem Dinner beim infektiologischen Speed-Dating aus. Im raschen Wechsel fand intensives Kennenlernen statt, aus dem so einige Projektideen und Vernetzungen resultierten. 


Einen interessanten Start in den zweiten Tag des Netzwerktreffens erlebten wir mit Impulsvorträgen zur Nachhaltigkeit in der Hygiene und Infektionsprävention (Prof. S. Schulz-Stübner, Freiburg), der Pharmazie (Prof. Michael Müller, Freiburg und Dr. Gerd Maack, Dessau) und in der Primärproduktion von Lebensmitteln tierischer Herkunft (Prof. Wilhelm Windisch, München). Die Dozenten nahmen uns in gelungenem Zusammenspiel mit in die Welt der theoretischen und praktischen Umsetzungen, aber auch Möglichkeiten für die Zukunft und klärten dabei über einige Mythen und geglaubte Unwegsamkeiten auf. Mehrweg und Einweg – ein Spagat zwischen Nachhaltigkeit und Patientensicherheit. Erst wischen, dann waschen: wie wir effektiv die Grauwasserbelastung mit Medikamenten senken können. Und ist fleischfreie Ernährung wirklich nachhaltig? Viele Punkte regten zum Nachdenken an.


Im Anschluss fanden wir uns in Kleingruppen zusammen, um gemeinsam einen veterinärmedizinischen und einen humanmedizinischen Fall zu lösen. Auch dieser griff den Zusammenhang von Infektionserkrankungen und Klimawandel auf. Wie macht man eine Lumbalpunktion beim Pferd und gilt da auch das „jede Impfung zählt“-Prinzip? Wieso hat Herr Schmidt Meningitiszeichen, nachdem er eine tote Amsel geborgen hat und wie können wir sicher eine Flavivirus-Infektion nachweisen? Durch gelungene Zusammenarbeit aller Professionen konnten die Fälle gelöst und interessante Details zwischen den Disziplinen ausgetauscht werden.



Zur Auswahl standen 4 Workshops:



Mit Frau Jutta Muck, Leiterin der zentralen Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte der Universitätsklinik Bonn, erarbeiteten wir, wie es möglich ist, durch Weitsicht und Austausch Nachhaltigkeit im Krankenhaussetting zu fördern und diese auch finanziell attraktiv zu machen – Stichwort Einweg vs. Mehrweg. 


Dr. Lukas Murajda, Amtsarzt in Berlin Mitte und Kolleginnen des Instituts für Tierhygiene und Öffentliches Veterinärwesen der Veterinärmedizinischen Fakultät Leipzig, Dr. Ariana Ceruti, Dr. Rea M. Kobialka und Paula E. Schweizer stellten im Workshop „Vektorsurveillance und molekulargenetische Diagnostik“ das Mückenprojekt SR3 vor. In einem Hands-on-Training konnte eine Schnellextraktion von Nukleinsäure aus Mücken durchgeführt werden. Dies wurde nachfolgend zur Bestimmung der Mücken Spezies, der gebissenen Spezies (z.B. Mensch, Pferd, Hund, Vogel) und des vorkommenden Pathogens genutzt (virale, bakterielle oder parasitäre Erreger). Im Anschluss wurden verschiedene Mückenfallen präsentiert und die Identifikation von Mücken über ein KI-gestütztes Mikroskop dargestellt. 


Mit Patrick Penndorf, Mitgründer der ReAdvance Initiative und enthusiastischer Botschafter der Bestrebungen für nachhaltigere Laborabläufe, konnten die Teilnehmenden in einem weiteren Workshop die eigenen Abläufe kritisch hinterfragen. Es kam dann zu einem regen Austausch von praktischen Umsetzungstipps. Die Kunst der Überzeugung eigener Kollegen und Vorgesetzter von der Wichtigkeit des Themas wurde ebenfalls leidenschaftlich diskutiert.


Im Workshop „Nachhaltige Pharmazie – Die Notwendigkeit zur Interdisziplinären Zusammenarbeit“, geleitet von Prof. Michael Müller (Freiburg) und Dr. Gerd Maack (Dessau), wurde eingehend untersucht, wie Nachhaltigkeit und Pharmazie miteinander verknüpft werden können. Ein zentraler Aspekt war die Auseinandersetzung mit Umweltproblemen im pharmazeutischen Bereich, sowohl auf Seiten der Industrie, als auch auf Seite der Verschreibenden respektive Abgebenden wie auch der Anwendenden. Es wurden die Herausforderungen thematisiert, die durch die Produktion von Arzneimitteln im Ausland entstehen, wie etwa hohe Transportemissionen und die Auswirkungen auf lokale Ökosysteme. Darüber hinaus wurden auch die ökologischen Folgen der Medikamentenanwendung diskutiert, insbesondere die Belastung durch Rückstände in Gewässern und die langfristige Entsorgung von Medikamenten. In einem konstruktiven Austausch wurden mögliche Lösungsansätze entwickelt, wie der Pharmasektor durch interdisziplinäre Zusammenarbeit nachhaltiger gestaltet werden kann, um diesen Umweltproblemen wirksam zu begegnen.



Zum Abschluss des Tages hatten die Teilnehmenden des Netzwerktreffens die Möglichkeit eigene Projekte, Ideen oder Initiativen vorzustellen. Von der NGO World Organisation of Animal Health (WHOA), die sich im Bereich der Infektionsprävention in der Tierwelt stark macht, über die Vorstellung des Arbeitsbereichs Immunologie und dessen Schnittflächen mit der Infektionsmedizin, dem „Freiburger Antibiotikum-Kompass“, Fallbeispielen zu zoonotischen Erkrankungen, Auslandsaufenthalten bis hin zum digitalen Konsildienst „TeleKasper“ in der pädiatrischen Infektiologie wurden interessante Bereiche dargestellt und ermöglichten allen Teilnehmenden den Einblick in andere Fachbereiche und gleichzeitig einen Blick über den eigenen Tellerrand hinaus.

So schnell verging die Zeit...


Den letzten Tag leitete Prof. Martin Siegel aus der Technischen Universität Berlin ein, indem er uns einen Abriss gesundheitsökonomischer Aspekte in der globalen Gesundheit gab und diese mit Fallbeispielen untermauerte, gefolgt von Dr. Nicole Zacharias (Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit, Uniklinik Bonn) zur Darstellung über die Herausforderungen in der Aufarbeitung von mit multiresistenten Erregern kontaminierten Abwassers. Den Abschluss dieser Vortragsreihe gestaltete Dr. Katharina Kirsch (Freie Universität Berlin, Fachbereich Veterinärmedizin) mit ihrem Blick auf die spannende Frage, wie und ob die Medizin ohne Tierversuche auskommen kann. Sie gab dabei Einblicke in gesetzlichen Regelungen, die Richtline „3R“: Replace (Vermeiden), Reduce (Verringern) und Refine (Verbessern) und Alternativen wie die Anwendung von Zellkulturmodellen bis hin zu Organoiden. 


Voller positiver Energie endete das Wochenende in einem kleinen Wettkampf: beim Jeopardy traten vier Teams gegeneinander an und beantworteten infektiologische Fragen aus den Bereichen der Human- und Tiermedizin, One Health und „Wild Mix“. Zudem wurden hier die am ersten Tag angesetzten Proben der Wasseraufbereitung ausgewertet. Zu gewinnen gab es themenbezogene Literatur aus verschiedenen Fachbereichen, wofür wir uns an dieser Stelle ganz herzlich bei den großzügigen Spendern bedanken!


Nach dem Treffen ist vor dem Treffen und so sitzt das Organisationsteam schon jetzt wieder zusammen, evaluiert die vergangenen drei Tage und plant bereits das nächste Treffen. Bist du auch beim nächsten Mal dabei?

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